«Nationalturnen ist eine traditionsreiche Sportart, die geistig und körperlich viel Beweglichkeit, Vielseitigkeit und Flexibilität abverlangt. Bereits seit rund fünfhundert Jahren bestreitet man diesen Wettkampf, welcher nur in der Schweiz ausgeübt wird. Voraussetzungen zu einem erfolgreichen Nationalturner sind: Schnelligkeit, Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer sowie taktisches und technisches Flair.» Genau so wird Nationalturnen vom Eidgenössischen Verband beschrieben. Diese Vielseitigkeit ist aufgrund der verschiedenen Disziplinen gefragt, da das Nationalturnen eine Form des Mehrkampfs ist. Zu den Disziplinen gehören: Steinheben, Steinstossen, Weitsprung, Schnelllauf, Bodenübung, Hochweitsprung, Ringen und Schwingen. Die Turnerinnen und Turner starten in Juniorenkategorien oder bei den Aktiven. Je nach Kategorie können zwei oder mehrere Disziplinen abgewählt werden, sodass man sich im Training auf weniger Disziplinen fokussieren kann.
Stark vertretene Regionen
Die Beschreibung der Sportart Nationalturnen tönt vielversprechend und attraktiv – die Mitgliederzahlen im Baselbieter Verband zeigen aber das Gegenteil. Denn hier gibt es keinen einzigen aktiven Nationalturner mehr. Während früher noch in Liestal geturnt wurde, ist Maisprach heute der einzige Trainingsort im Kanton. Die Fricktaler Kinder, die früher in Zuzgen trainiert haben, trainieren heute ebenfalls in Maisprach. Wie andere Sportarten habe auch das Nationalturnen zu kämpfen, sagt Kurt Zemp, Zentralpräsident des Eidgenössischen Nationalturnverbands. «Trotzdem haben wir erfreuliche Teilnehmerzahlen an den Wettkämpfen.» Das Problem sei der Übergang von der Jugend zu den Aktiven, da für viele junge Erwachsene der Spagat zwischen Sport und Berufsleben nicht zu bewältigen sei. Im Vergleich zum Baselbiet sind andere Regionen im Traditionssport stärker vertreten, so die Kantone Luzern, Nidwalden, Obwalden, Aargau und Thurgau. «Dort, wo das Nationalturnen und die Turnvereine enger zusammenarbeiten, haben wir mehr Mitglieder», sagt Zemp. Dafür seien die Baselbieter im Steinstossen stark vertreten.
Parallel am Schwingen
«Um das Nationalturnen in einer Region voranzutreiben, braucht es Leute, die andere mitreissen können», sagt Zemp. Es sei der ideale Sport für alle, die gerne polysportiv unterwegs sind. Die Vermutung, dass das Nationalturnen seine Mitglieder an die Schwingerverbände verliert, kann Zemp nicht bestätigen. Es gebe viele Schwinger, die parallel noch nationalturnen, beispielsweise Samuel Giger, der als einer der Favoriten für das «Eidgenössische» in Pratteln gehandelt wird. «Aber momentan vermute ich, dass sich gute Schwinger hüten, zu viele Wettkämpfe zu machen, da die Verletzungsgefahr vor einem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest zu gross ist», so der oberste Nationalturner.
Im Kanton keine Aktiven zu haben, bedeutet nicht, dass der Traditionssport ausgestorben ist. Denn das Baselbiet hat eine vielversprechende Jugend-Abteilung. Trainiert werden die Jugendlichen von Rolf Imhof aus Maisprach, der früher als Aktiver diverse Kränze gewonnen hat. Mit viel Herzblut und Fachwissen unterstützt er die Baselbieter Jugend. Die «Volksstimme » hat den jungen Nationalturnerinnen und -turnern einen Besuch abgestattet und gesehen, dass der Traditionssport im Baselbiet durchaus Zukunft hat.